Der Mobilfunkausbau läuft – insbesondere auf dem Land. In Städten und Gemeinden entstehen viele neue Funkmasten. Wer entscheidet mit, wo neue Antennen gebaut werden dürfen? Welchen Einfluss haben Bürgermeisterin, Ortsvorsteher oder Gemeinderäte?
„Netzbetreiber plant neuen Mobilfunkmast“ – diese Schlagzeile der Lokalzeitung löst im Ort Erleichterung aus. Seit Jahren hoffen die Bürgerinnen und Bürger auf stabilen Handyempfang. Sie wollen von zu Hause arbeiten können oder Hilfe holen, falls beim Spaziergang etwas passiert. Auch im Rathaus ist die Freude groß. Lange hatte die Verwaltung gemeinsam mit Unternehmen für ein besseres Netz gekämpft. Denn eine Firma im Funkloch anzusiedeln, ist praktisch unmöglich. Unter die Freude und Erleichterung mischen sich auch Fragen, vor allem: Kann die Kommune beim neuen Funkmast mitsprechen? Hierzu muss man verstehen, wie Planung und Bau eines Mobilfunkstandortes ablaufen.
Über einen neuen Standort entscheiden zuallererst Verbraucherinnen, Verbraucher und Unternehmenskunden. Sie tauschen immer mehr mobile Daten aus oder wollen während einer Bahnfahrt erreichbar bleiben. Sie kaufen auch immer mehr Geräte, die mit dem Internet verbunden sind – selbst auf Autos trifft das längst zu. Um dies zu ermöglichen, muss die Infrastruktur Schritt halten. Es braucht unter anderem mehr Funkmasten, die Daten empfangen und senden. Wo genau sie stehen sollten, ermitteln die Mobilfunknetzbetreiber. Sie schauen sich im Rahmen ihrer Funknetzplanung an, wo Bedarf besteht oder wo sie noch Versorgungsauflagen erfüllen müssen.
Ist ein Neubau geplant, definieren die Netzbetreiber einen Suchkreis. Dies ist das Gebiet, in dem der künftige Standort gebaut werden sollte. Stünden die Antennen außerhalb des Suchkreises, könnten sie nicht das ganze unterversorgte Gebiet mit Mobilfunk abdecken. Der Suchkreis ist zugleich eine Einladung an die Kommune, bei der Standortsuche mitzuwirken. Denn der Netzbetreiber kündigt jede Suche bei der Kommune an. Damit beginnt die sogenannte Kommunalabstimmung. Eine Beteiligung der Kommunen ist gesetzlich geregelt: Die Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV) räumt den Kommunen in § 7a die Möglichkeit zur Stellungnahme ein. In Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gibt es noch einmal länderspezifische Vereinbarungen.
Die Zusammenarbeit läuft schon lange Zeit erfolgreich: Seit dem Jahr 2001 besteht eine Mobilfunkvereinbarung zwischen den Netzbetreibern und den kommunalen Spitzenverbänden. Im Jahr 2020 haben die Partner sie überarbeitet und erneuert. In der Vereinbarung sagen die Netzbetreiber zu, Vorschläge und Hinweise der Kommune zum Suchkreis vorrangig und ergebnisoffen zu prüfen. Die Kommune kann innerhalb des Suchkreises Standortvorschläge unterbreiten. Funktionieren sie aus funktechnischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht, müssen die Netzbetreiber ihr Nein zu dem kommunalen Vorschlag begründen. Maximal acht Wochen sollen die Abstimmungen dauern – und maximal zwei weitere Male kann die Kommune neue Standortvorschläge äußern. In der Regel gibt es dann einen Kompromiss. Die Netzbetreiber können jedoch einen Standort ohne Zustimmung der Kommune bauen. Voraussetzung ist, dass sie einen geeigneten Standort finden, die Ergebnisse der Erörterung mit der Kommune berücksichtigen und dass keine rechtlichen Gründe dagegensprechen.
Warum neu bauen, wo es doch schon viele Funkmasten gibt? Könnte eine Behörde nicht den Netzbetreiber A verpflichten, den Standort seines Konkurrenten B mitzubenutzen? Nein, eine Pflicht hierzu gibt es nicht. In der Praxis kommt eine Doppel- oder Dreifachnutzung ohnehin schon häufig vor, weil ein neuer Standort oft mehrere hunderttausend Euro kosten würde. Oftmals wird Netzbetreiber B der Untermieter von A und umgekehrt. Eine Statistik der Bundesnetzagentur (BNetzA)zeigt, dass nur 14 Prozent der Standorte von einer Mobilfunkanlage genutzt werden, 42 Prozent hingegen von sechs oder mehr Anlagen (Stand: Januar 2024).
Doch nicht immer ist die Mitnutzung möglich: Manchmal sind die bereits installierten Antennenträger nicht stark genug, um noch weitere Antennen aufzunehmen. Ebenso kann es sein, dass der suchende Netzbetreiber von den bestehenden Standorten aus nicht das Gebiet erreichen würde, das er versorgen möchte: Ein Funkloch wird nicht aus 15 Kilometern Entfernung gestopft, sondern nur mit Antennen vor Ort. Außerdem sind die Netzbetreiber dazu verpflichtet, die Grenzwerte zum Schutz von Personen in elektromagnetischen Feldern einzuhalten.
Viele Städte und Gemeinden arbeiten gut und eng mit den Netzbetreibern zusammen. Sie alle wissen, wie wichtig guter Mobilfunk für die Menschen wie für die Unternehmen vor Ort ist. Kommunen wollen nicht vom Ausbau abgekoppelt werden, sondern auch in puncto Mobilfunk gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen. Ihre Bürgerinnen und Bürger wollen künftig Telemedizin über 5G nutzen und autonom fahrende Rufbusse, die sich per Handy-App bestellen lassen. Die vier Netzbetreiber haben sich ausdrücklich zu Forschung, Transparenz und Kommunikation beim Netzausbau verpflichtet. Mitte 2023 haben sie eine entsprechende freiwillige Selbstverpflichtung erneuert, die es schon seit 2001 gibt. Darin bekennen sie sich zum Schutz der Bevölkerung, insbesondere auch beim Ausbau von Kleinzellen, die es im 5G-Zeitalter vermehrt gibt. Gutachten überprüfen regelmäßig, ob die Ziele der Selbstverpflichtung eingehalten werden.
Dennoch gibt es wenige einzelne Gemeinden, die einen Ausbaustopp für 5G fordern. Ein gemeindliches 5G-Moratorium entfaltet jedoch keine rechtliche Wirkung. Eine Stadt oder Gemeinde kann eine 5G-Anlage auf ihrem Gebiet nicht generell verbieten. Sie muss auch den Versorgungsbedarf derjenigen berücksichtigen, die Mobilfunk benötigen. Denn alle Mobilfunkanlagen sind bereits klar reguliert, etwa durch das Immissionsschutzrecht oder das Baurecht. Eine Baugenehmigung ist häufig nicht einmal erforderlich. Wann die Baubehörde einzubinden ist, ist abhängig davon, wo genau welche Anlage mit welchen Dimensionen errichtet werden soll. Werden alle Vorschriften eingehalten, muss die Behörde eine Genehmigung erteilen.
Für den Betrieb jeder Basisstation muss der Anlagenbetreiber eine Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vorweisen. Die Bescheinigung führt alle zugelassenen Antennen auf und benennt die notwendigen Sicherheitsabstände. Sämtliche Standorte sind transparent online auffindbar in der EMF-Karte der Bundesnetzagentur. Städte und Gemeinden haben überdies Zugang zur Kommunalen Datenbank der Bundesnetzagentur. Dort finden Kommunen alle Mobilfunkstandorte mit der kompletten Standortbescheinigung sowie einer Historie jedes Standortes. Über das Datenportal erhält die Kommune dann auch die Inbetriebnahmeanzeige – die Netzbetreiber teilen mit, wenn ein Standort an den Start geht.
Und falls dann noch Fragen bleiben?
Das Angebot an wissenschaftlich fundierten Informationen über Mobilfunk ist groß:
Viele Kommunen sind indes selbst Vermieter von Mobilfunkstandorten. Die kommunalen Spitzenverbände stellen den Verwaltungen auf Nachfrage Musterverträge zur Verfügung. So kann der neue Standort auf dem Dach der Stadthalle oder einer Wiese am Wertstoffhof schneller Realität werden, sodass sich das Netz zum Wohle aller verbessert.
Viele Kommunen unterstützen den Mobilfunkausbau, indem sie eigene Dächer oder Flächen für Mobilfunkstandorte vermieten. Mehr als 20 Stadtwerke und regionale Energieversorger haben sich zum 5G-Synergiewerk zusammengeschlossen. Von Mecklenburg bis Bayern treiben sie den Ausbau von 4G und 5G auf kommunaler Infrastruktur voran. Gemeinsam identifizieren sie Standorte, erschließen sie mit Strom und Glasfaser und bieten sie den Telekommunikationsunternehmen an.
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