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Mobilfunk im Notfall

Gutes Netz kann Leben retten

09.06.2022
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Wer in Not gerät, braucht Netz. Moderne Technologien können über Mobilfunk die Rettung beschleunigen. Autos, die selbst die Feuerwehr rufen – und Standortdaten, die Rettungskräften den Weg weisen: vier Situationen, in denen Handynetz lebenswichtig ist.

Cell Broadcast: Eine Notfallwarnung an sämtliche Handys

Im Chemiepark brennt eine Lagerhalle. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen greifen die Flammen auch auf die Tanks über. Die Feuerwehr ist besorgt. Im Umkreis von mehreren Kilometern sollten nun alle Menschen in ihre Häuser gehen, Fenster und Türen schließen. Doch wie sind Tausende Menschen sofort erreichbar? Über ihre Mobiltelefone.

Künftig benötigen Handynutzerinnen und -nutzer dazu weder eine bestimmte App, noch müssen sie ständig Radio und Fernsehen verfolgen. Katastrophenschutz-Behörden können sie künftig über ein System namens Cell Broadcast warnen. Die Warnung – verschickt als Textnachricht mit maximal 500 Zeichen – erreicht sämtliche Geräte, die in einem bestimmten Umkreis Mobilfunkempfang haben. Selbst wenn der eigene Anbieter gerade kein Netz bietet, wird die Warnung über einen anderen Anbieter auf das Handy geliefert. Das gilt für alle Nutzerinnen und Nutzer: So werden auch der dänische Lkw-Fahrer oder die italienische Reisegruppe gewarnt, die sich gerade zufällig in der Nähe des Chemieunfalls aufhalten. Die Warnmeldungen sollen zunächst in Deutsch und Englisch ausgespielt werden. Sie enthalten zudem einen Link zum Bundeswarnportal.

Wie genau funktioniert das? Der Bund betreibt das Modulare Warnsystem (MoWaS). Behörden vor Ort können dort Warnmeldungen eingeben – konkret sind das die Lagezentren von Bund und Ländern sowie die unteren Katastrophenschutzbehörden von Gemeinden, Landkreisen und kreisfreien Städten. 2021 gingen auf diesem Wege 1.425 Meldungen raus an die Bevölkerung. Diese Meldungen erreichen Empfängerinnen und Empfänger bereits seit Jahren über Warn-Apps wie zum Beispiel NINA, aber auch über Rundfunksender. Wer die Warn-Apps nicht installiert hat und gerade kein Radio hört, wird künftig jedoch auch mithilfe von Cell Broadcast gewarnt. Das System hat weitere Vorteile: Auch bei ausgebuchter, also überlasteter Funkzelle, werden Cell-Broadcast-Warnungen noch ausgeliefert.

Mehr Informationen zu Cell Broadcast gibt es hier beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

eCall: Das Auto wählt nach dem Unfall selbst die 112

Eine kurze Unachtsamkeit, schon ist es passiert: Markus übersieht den plötzlich bremsenden Lastwagen und fährt mit seinem Auto hinten auf. Der Aufprall ist so heftig, dass die Airbags auslösen. Tausend Fragen stellen sich dem perplexen Markus: „Was ist passiert? Wo bin ich? Wer kann mir helfen?“ Er wirkt leicht benommen, unter Schock. Und trotzdem ertönt schon jetzt eine Stimme in seinem Fahrzeug: „Die Feuerwehr!“

Markus‘ Pkw hat automatisch den Notruf gewählt, denn er verfügt über den 112-eCall. Neue Fahrzeugtypen, die in EU-Staaten eine Genehmigung erhalten, müssen seit 31. März 2018 ein eCall-System besitzen. Solche Systeme werden aktiv, sobald ein Unfall so schwer ist, dass ein Airbag auslöst. Einige Hersteller verbinden Fahrzeuge nach einem Unfall mit ihrer eigenen Notfallzentrale (TPS-eCall), andere mit der nächstgelegenen Rettungsleitstelle.

Das eCall-System weiß dank Mobilfunk und Satellitenortung, welche Rettungsleitstelle es informieren muss. Es übermittelt den Helfenden auch den Unfallort, Infos zum Fahrzeug und zur Anzahl der Insassen sowie den Grund, warum es ausgelöst hat. Am anderen Ende der Leitung, in der Rettungsleitstelle, weiß der Mitarbeiter deshalb bereits, wo wenige Sekunden zuvor der Unfall stattfand. Zwischen Auto und Leitstelle entsteht eine Sprachverbindung. Möglich wird das über Mobilfunk: Autos mit dem eCall-System haben eine SIM-Karte eingebaut, so wie sie in Mobiltelefonen üblich ist.

Der WDR zeigt im Video einen eCall-Einsatz der Feuerwehr Bochum nach einem echten Verkehrsunfall:

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E-Call-Notruf alarmiert Leitstelle

AML: Der automatisierte Wegweiser für die Feuerwehr

Die Freundinnen Elke und Sandra sind begeisterte Radsportlerinnen. Regelmäßig erkunden sie neue Strecken. Ihr Smartphone weist ihnen den Weg, zeigt Rastplätze und geöffnete Gasthäuser. Doch an diesem Samstag ist etwas anders. Sandra fühlt sich nicht fit, nach 12 Kilometern steigt sie kreidebleich vom Rad und sagt: „Ich habe da so ein Stechen in der Brust.“ Elke wählt die 112, doch wie genau soll sie ihren Standort beschreiben – auf einem Feldweg zwischen zwei Waldstücken, ohne ein einziges Haus in Sichtweite?

Der Mitarbeiter in der Rettungsleitstelle weiß jedoch schon Bescheid. Dank Advanced Mobile Location, kurz AML, hat er den Standort der Anruferin automatisch im Hintergrund übermittelt bekommen. Noch während Elke aufgeregt erzählt, was gerade passiert, alarmiert die Leitstelle den nächstgelegenen Rettungswagen. AML ist den wenigsten Menschen bekannt, doch es beschleunigt jeden Tag die Rettung nach einem Notruf.

Von den mehr als 230 deutschen Leitstellen, die den Notruf 112 entgegennehmen, haben inzwischen fast alle die Möglichkeit, AML-Standortdaten zu beziehen. Wählt jemand die 112, aktivieren moderne Smartphones die Ortungsfunktion via GPS und versenden den Standort im Hintergrund, ohne dass Anrufende etwas tun müssen. Der Standort wird entweder online oder über eine Textnachricht versendet – in jedem Fall über Mobilfunk. Die Übermittlung findet nur im Falle eines Notrufes statt und ist datenschutzrechtlich geprüft. Schon kurz nach dem Notruf werden die Daten gelöscht. AML funktioniert auf iPhones ab dem Betriebssystem iOS 13.3, bei Smartphones mit Android ab 4.0 – hier heißt es Emergency Location Service (ELS).

Weitere Informationen gibt es bei der Integrierten Leitstelle in Freiburg, die das AML-System für Deutschland koordiniert.

Hausnotruf: Ein digitaler Schutzengel für Senioren

Hermann war sein ganzes Leben lang aktiv. Diese Freiheit will sich der 77-Jährige auch jetzt nicht nehmen lassen. Weil er allein lebt, gerne im Garten ist und im Wald spazieren geht, hat sich Hermann einen Hausnotruf angeschafft – inklusive eines mobilen Notrufsystems, das auch außerhalb seiner Wohnung funktioniert. Dafür benötigt Hermann Mobilfunkempfang, auch im Wald am Rande seines kleinen Heimatdorfes.

Hausnotrufe gibt es von mehreren Anbietern. Meist stellen diese die praktischen Geräte als Halskette oder Armband zur Verfügung – per Knopfdruck können Seniorinnen und Senioren wie Hermann dann Hilfe über die Hausnotruf-Zentrale anfordern. Innerhalb der Wohnung kommunizieren solche Systeme über Funk mit einer Basisstation, die an das Festnetz angeschlossen ist, ähnlich wie Schnurlostelefone. Doch auf weiten Strecken, etwa beim Spaziergang, benötigt der mobile Notruf eine Mobilfunkverbindung.

Anbieter solcher Hausnotrufsysteme arbeiten mit mehreren Mobilfunkunternehmen zusammen – das Gerät sendet nach Aktivierung über das Netz auch die GPS-Koordinaten. Um einen mobilen Notruf abzusetzen, ist bereits 2G-Mobilfunk ausreichend. Doch in einem Funkloch würde das System nicht funktionieren. Sollte sich die Wohnung in einem Funkloch befinden, bleibt nur ein Hausnotruf auf Basis eines Festnetzanschlusses, begrenzt auf die eigenen vier Wände und den Garten.

Übrigens: 5G-Mobilfunk wird in Zukunft vielen Rettungskräften die Arbeit erleichtern. Das Bayerische Rote Kreuz und die Ostbayerische Technische Hochschule Amberg-Weiden testen Livevideo- und Datenverbindungen zwischen Rettungswagen und Klinik auf Basis von 5G.

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