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Falschmeldungen zu 5G

Warum Menschen Mythen glauben

25.02.2021
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Ist 5G gefährlich? Wer diese Frage googelt, stößt schnell auf Gerüchte und Falschmeldungen. Viele Verschwörungstheorien verbreiten sich im Internet rasant. Fachleute können das erklären – und Tipps geben, wie sich Bürgerinnen und Bürger vor Falschmeldungen schützen.

Wie sich Mobilfunk-Mythen verbreiten

Nein, in Kroatien gab es kein Vogelsterben wegen 5G. Warum diese Nicht-Meldung hier steht? Weil tatsächlich immer wieder Menschen auf Falschmeldungen rund um 5G hereinfallen. So ist es auch 2020 passiert: Zwei Fotos toter Vögel kursierten auf Facebook, wurden geteilt und weitergeschickt. Sie sollten ein angebliches Massensterben in Kroatien dokumentieren – Vögel, die zu Boden fielen, nachdem 5G-Masten eingeschaltet wurden. Die Nachricht ist eine Fälschung. Eine Bilder-Rückwärtssuche zeigt: Die Fotos stammen aus Italien. Hier war im Februar 2020 während eines Sturms ein Baum umgestürzt, in dem zahlreiche Vögel ihre Nester hatten. Gerüchte über Vögel als "5G-Opfer" gibt es dennoch immer wieder.

Die Kommunikationswissenschaftlerin Katharina Kleinen-von Königslöw untersucht, wie sich derartige Falschmeldungen im Internet verbreiten. "Richtig" oder "Falsch" seien nicht die entscheidenden Faktoren, weshalb Menschen Informationen in sozialen Medien lesen oder teilen. "Sie bekommen die Informationen dort von Freunden – und hinterfragen den Wahrheitsgehalt weniger", sagt Kleinen-von Königslöw, die als Professorin an der Universität Hamburg arbeitet. "Bei sozialen Medien geht es niemals nur um die reine Information, sondern in erster Linie um soziale Beziehungen."

Studie: Jede zehnte Person neigt zu Verschwörungstheorien

Freunden oder Angehörigen zu sagen, dass sie einem Mythos auf den Leim gehen, ist nervenaufreibend und anstrengend. Kleinen-von Königslöw rät aber dazu, im engeren Bekanntenkreis nicht wegzuschauen: "Hier sollte man in den Dialog gehen und den Bekannten einfach mal fragen, wie es ihm geht und was ihn bewegt, Mythen zu verbreiten."

Die Anzahl derjenigen, die sich von Mythen verleiten lassen, ist nicht gering. In der deutschen Bevölkerung neigen 11 Prozent zu Verschwörungstheorien, ermittelte die Konrad-Adenauer-Stiftung. Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern sind gering, dafür steigt mit dem Alter auch der Hang zum Verschwörungsglauben. Dies sind die Ergebnisse einer repräsentativen Telefonumfrage unter 3.250 Personen, die kurz vor der Coronapandemie im Jahr 2020 abgeschlossen wurde. Besonders interessant: Ebenfalls 11 Prozent sind sich sicher, dass "geheime Mächte die Welt steuern", und weitere 19 Prozent halten dies für wahrscheinlich. Die Befragten nennen hier Unternehmen, Geheimdienste oder "reiche Menschen" als mögliche Geheimmächte, aber auch die Mafia oder Lobbyisten.

Mythen können das Leben erleichtern – oder Ängste schüren

Auf die Frage, warum Gerüchte und Mythen schnell Gehör finden, hat die Wissenschaft mehrere Antworten. Michael Blume ist Autor des Buchs "Verschwörungsmythen" und sagt: "Mit Mythen deuten wir uns die Welt." Mythen suchen einfache Gründe für komplexe Geschehnisse. Das kann auf positive Weise passieren, erläutert Blume: Wer an eine höhere Macht glaubt, legt sein ungewisses Schicksal in dessen Hände – und ist erleichtert. "Mythen können aber auch negativ sein, wenn jemand behauptet, Mobilfunkmasten seien die Vorboten eines Geheimbundes zur Eroberung der Welt."

Anhänger von Mythen nennt der Religionswissenschaftler Blume Verschwörungsgläubige. Es gebe den Hang zur Verschwörung quer durch alle gesellschaftlichen Schichten. Blume sieht als verbindendes Element "autoritäre Persönlichkeiten", die in einem "Weltgefühl von Unsicherheit, Misstrauen, Gewalt" lebten. Viele sähen sich selbst als das "absolute Opfer" von Politik, Staat und Gesellschaft. Selbst manche Wissenschaftler werden zu Botschaftern von höchst unwissenschaftlichen Mythen. Aufmerksamkeit sei ihnen dann fast sicher, sagt Blume. "Das ist für autoritäre Persönlichkeiten verlockend – speziell für Männer, die das Gefühl haben, den Zenit ihrer Karriere überschritten zu haben."

Jeder Mensch kann für Verschwörungsglauben anfällig sein

Auch die Autorin Katharina Nocun beobachtet, dass akademische Titel nicht vor Verschwörungsglaube schützen. "Es gibt rund 400.000 gemeldete Ärzte in Deutschland – natürlich gibt es bei so einer Anzahl auch welche, die an Verschwörungen glauben", sagt Nocun. Sie verweist auf den psychischen und den sozialen Halt, den Gemeinschaften von Verschwörungsgläubigen bieten können. "Gerade für einsame Menschen kann das attraktiv sein. Dieser Halt ist nicht selten der Klebstoff, der Gruppen von Verschwörungsgläubigen zusammenhält." Mythen verschaffen den Gläubigen Selbstbewusstsein oder ein Gefühl von Triumph über die anderen vermeintlich unwissenden Menschen. "Wer glaubt: 'Ich kenne die Wahrheit und alle anderen lassen sich einlullen', wertet sich selbst auf", sagt Nocun.

Dabei sind Verschwörungserzählungen mehr als nur Spinnereien. Im schlimmsten Fall führen Verschwörungen zu Todesopfern, sagt Nocun. Die Politikwissenschaftlerin hat dies für ihr Buch "Fake Facts" untersucht und sagt: "Alle rechtsextremen Attentäter der vergangenen Jahre haben an irgendwelche Verschwörungserzählungen geglaubt." Auch die Falschinformation, 5G verbreite das Coronavirus, hat bereits zu konkreten Gewalttaten geführt: In Großbritannien zündeten Anhänger dieses Mythos mehrere Sendeanlagen an.

Wie Sie Mythen erkennen

  1. 1Fragen Sie: Wer sagt das? Wichtig ist nicht, wer Ihnen eine Info schickt. Wichtig ist, wer sie ursprünglich verfasst hat.
  2. 2Fragen Sie: Woher kommt das? Verlässliche Informationen brauchen eine anerkannte Quelle – oder noch besser: mehrere.
  3. 3Fragen Sie: Wie klingt das? Wer Ihnen "die Wahrheit" verspricht, hat meist das Gegenteil im Sinn. Seriöse Artikel ordnen ein, wollen aber nicht zwanghaft überzeugen.
  4. 4Fragen Sie: Wie belegbar ist das? Schon eine kurze Internetrecherche kann helfen, Falschbehauptungen zu erkennen. Oft gibt es bereits Faktenchecks zum Thema.
  5. 5Fragen Sie: Was löst das aus? Desinformation spricht in der Regel Emotionen an. Seien Sie vorsichtig, wenn Inhalte bewusst darauf ausgelegt sind, Zorn, Wut oder Empörung auszulösen.

Quelle: Europäische Kommission, So erkennt man Verschwörungstheorien - eigene Recherche

Quellen gegen Desinformation

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