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Logo - Deutschland spricht über 5G
Immissionsmessung mit der BNetzA

Wir messen nach: Wie stark strahlt Mobilfunk?

12.08.2021
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Für den Mobilfunk gelten strenge Grenzwerte, die elektromagnetische Strahlung regulieren. Ob sie ausgeschöpft werden, kontrolliert die Bundesnetzagentur. Wir haben mit den Fachleuten nachgemessen – direkt unter dem Fernsehturm von Berlin.

Das Wasser im Neptunbrunnen rauscht, die Uhr im Roten Rathaus läutet und im Minutentakt brummen die bunten Touristenbusse vorbei. Doch bei Artem Rudov im Auto ist es ganz ruhig. Der Spezialist der Bundesnetzagentur hat seine Augen auf einen grauen Kasten gerichtet. Mit dem sogenannten Spektrum-Analysator sieht Rudov, vereinfacht gesagt, wie viel derzeit im Funkverkehr los ist, hier direkt unter dem Fernsehturm Berlins.

Von diesem weder sichtbaren noch hörbaren Geschehen gibt es im Herzen Berlins eine Menge: Rundfunk- und TV-Signale senden vom Fernsehturm, Mobilfunkunternehmen sowie Behörden, beispielsweise die Polizei, betreiben zahlreiche Funkanlagen in der Umgebung. Tausende Menschen laufen und fahren mit ihren Smartphones vorbei, laden ihre E-Mails herunter und ihre Fotos hoch.

5G-Mobilfunk kommt, andere Funksignale verschwinden

Bedeutet der Mobilfunkausbau, dass die elektromagnetische Strahlung an Orten wie diesen zunimmt? Nein, häufig sinken die Werte im Vergleich zu den Vorjahren sogar. Thomas Weidemann, der zweite Experte vor Ort, weiß auch, wieso: „Die analogen Fernsehsender sind bereits lange weg, Mittelwellensender verschwunden, das UKW-Radio soll abgeschaltet werden. Und beim Mobilfunk rüsten die Betreiber alte Anlagen auf moderne 4G-Technik um.“ Es kommt eben nicht nur 5G hinzu, sondern es verschwinden auch in die Jahre gekommene Technologien.

Artem Rudov sitzt im Messfahrzeug. Spezialisten wie er haben bundesweit die Immission durch Funkstrahlung im Blick.

Die Fachleute vom Prüf- und Messdienst der Bundesnetzagentur haben alles im Blick, was in Deutschland funkt. Sie sind bundesweit unterwegs zu Immissionsmessungen. An weit mehr als 1.000 Orten bauen sie jährlich ihre Instrumente auf, weshalb das Programm auch „1.000-Punkte-Messung“ heißt. Zur Hälfte bestimmt die Bundesnetzagentur die Orte, zur anderen Hälfte die Bundesländer.

Auch Bürgerinnen und Bürger können ihrer Kommune oder Gemeinde Messorte vorschlagen. Diese wenden sich damit an die Bundesnetzagentur oder an die Umweltbehörde ihres Bundeslandes und geben so Messvorschläge weiter. „Manche sind enttäuscht, wenn wir dann nicht zu ihnen auf den Balkon kommen“, sagt Weidemann. Doch die Messungen dienen der Allgemeinheit und nicht einzelnen Personen, weshalb sie im öffentlichen Raum stattfinden. Und damit gleiche Bedingungen herrschen, finden Messungen stets auf Straßenniveau statt – auf Marktplätzen, Schulhöfen, in Wohngebieten. Die Ergebnisse erscheinen öffentlich und transparent in der EMF-Karte als graue Dreiecke mit einem i.

Messungen setzen strenge Kriterien an

Die Spezialisten nehmen es dabei sehr genau. Messunsicherheiten addieren sie immer komplett auf den Messwert. Mit anderen Worten: Die Werte auf dem Papier sind am Ende eher höher als die tatsächlichen elektromagnetischen Feldstärken. Wie penibel die Messung ist, verdeutlicht ein Blick auf die Kurve, die Artem Rudov mit dem Spektrum-Analysator sichtbar macht. Bereits bei einem Hundertstel des zulässigen Grenzwertes ist eine rote Linie eingezeichnet. Übersteigt eine Messung diese Linie, verzeichnen die Spezialisten es in ihrem Protokoll.

Thomas Weidemann baut eine Antenne auf. Für die unterschiedlichen Funkfrequenzen benötigen die Fachleute unterschiedliche Antennentypen.

Thomas Weidemann und Artem Rudov messen sich unter dem Fernsehturm durch alle Funkfrequenzen. Während Rudov die Werte notiert, tauscht Weidemann zwischendrin die angeschlossenen Antennen – je nachdem ob es um Langwellen, Flugfunk, Polizeifunk oder eben den Mobilfunk geht. Inzwischen ist die Messung im Bereich des 5G-Mobilfunks angekommen. Bei rund 3,7 Gigahertz stellen die Geräte zwei 5G-Frequenzblöcke fest, die für den öffentlichen Mobilfunk benutzt werden. Ihre Feldstärken bleiben knapp unter der roten Linie, also bei knapp einem Hundertstel des Grenzwertes. Trotzdem werden auch diese als Messwert in das Auswerteprotokoll aufgenommen.

Mobilfunk hält sich stets an die Regeln

Kommt es in der Praxis auch mal vor, dass Grenzwerte überschritten werden? Weidemann schüttelt den Kopf und sagt: „Eine Überschreitung der Grenzwerte haben wir bisher noch nie festgestellt. Die Werte liegen in der Praxis einfach ganz weit darunter – selbst wenn man wie hier nahe Alexanderplatz direkt neben den Antennen steht.“

Immissionsmessungen sorgten mit dafür, dass die Situation so entspannt bleibt, sagt Weidemann: „Wir können durch unsere Messungen ziemlich sicher sagen, dass an keinem Ort in Deutschland die Grenzwerte überschritten werden.“

Grenzwert am Alex nur zu 6,6 Prozent ausgeschöpft

Diese Einschätzung bestätigt auch die aktuelle Auswertung der Funkfachleute. Sie fassen alle ihre Messungen am Standort Fernsehturm in einem Messprotokoll zusammen. Das Ergebnis: Der Grenzwert wird trotz der vielen Funkquellen zu lediglich 6,6 Prozent ausgeschöpft. Was bedeutet das? Die Immissionsmessung nimmt die sogenannte thermische Wirkung in den Blick. Nimmt der menschliche Körper elektromagnetische Felder von Funkanlagen oder vom eigenen Handy auf, erhöht sich die Gewebetemperatur minimal. Die Funkstrahlung wird absorbiert. Diese thermische Wirkung ist so gering, dass sie nicht spürbar ist. Grenzwerte sorgen dafür, dass die thermische Wirkung minimal und stets verträglich bleibt.

Bei der Immissionsmessung kombinieren die Experten der Bundesnetzagentur die Messungen aller umliegenden Funkanlagen. Deren elektromagnetische Feldstärken werden zu einem Wert zusammengefasst. Wie genau die Summation funktioniert, schreibt die Verordnung über elektromagnetische Felder – abgekürzt 26. BImSchV – vor. Aus allen kombinierten Messungen ermittelt die Bundesnetzagentur einen Gesamtbetrag der Grenzwertausschöpfung – und der beträgt hier beim Berliner Fernsehturm 6,6 Prozent.

Unterwegs bei der Immissionsmessung

Messpunkt Neptunbrunnen: Hier herrscht viel Betrieb im Funkverkehr. Die Grenzwerte sind dennoch auch hier bei Weitem nicht ausgeschöpft.
Alles notiert: Artem Rudov trägt jede Messung in ein Protokoll ein, um später die gesamte Immission zu berechnen.
Kurve im Blick: Der Spektrum-Analysator zeigt an, in welchem Frequenzbereich tatsächlich gefunkt wird.
Mobilfunk gefunden: Bei etwa 3,7 Gigahertz entdeckt Artem Rudov zwei Frequenzblöcke des 5G-Mobilfunks.
Sorgt für Sicherheit: Dank Thomas Weidemann und Kollegen wird Funkstrahlung fortlaufend streng überwacht.

Grenzwert-Ausschöpfung hat sich seit 2008 kaum verändert

An diesem Ergebnis ist der Mobilfunk nur zu einem Teil beteiligt. Auch das zeigen die Berliner Messergebnisse. Schließlich summieren sie alle möglichen Arten von Funk. Unter den zehn stärksten Funkquellen hier beim Berliner Fernsehturm sind nur zwei aus dem Bereich Mobilfunk: eine 3G- und eine 4G-Frequenz. Den Funkverkehr dominiert hier nicht 5G – sondern das digitale Fernsehen und das Digitalradio.

Und noch ein interessanter Fakt wird beim Blick ins Archiv klar: 2008 maß die Bundesnetzagentur an derselben Stelle. Damals war der Grenzwert zu 4,35 Prozent ausgeschöpft. Viele Jahre später hat sich – trotz immer mehr online vernetzter Technik – kaum etwas geändert.

Grenzwerte

Hochfrequente elektromagnetische Felder (EMF) sind streng reguliert. Die in Deutschland gültigen Grenzwerte beruhen auf wissenschaftlichen Empfehlungen der „Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung“ (ICNIRP) und der deutschen Strahlenschutzkommission (SSK). Das kontinuierliche EMF-Monitoring der Bundesnetzagentur stellt sicher, dass die tatsächliche Strahlung weit unterhalb der Grenzwerte bleibt. Übrigens: Der weitaus größere Anteil an Strahlung erreicht uns nicht von den Funkmasten der Umgebung, sondern vom eigenen Handy. Aber auch dessen Sendeleistung ist gesundheitlich unbedenklich. Mehr Informationen zum Thema Strahlung bietet dieser Artikel.

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